Alles – oder halt eben nichts
Karfreitag.
Statt den Niedergang zu predigen, ein Blick hinauf zu den Sternen.
Wenn ich nachts zu den Sternen hinaufschaue, wird deutlich:
Es gibt keinen Platz, keine Stellung, die ich auf Erden, unter den Menschen einnehmen könnte, die letztlich nicht bescheiden wären, ja unbedeutend.
So habe ich vor einiger Zeit geschrieben, nachdem ich zwischen zwei Saunagängen nackt im Garten stehend wieder einmal in den Sternenhimmel versunken war.
Wenn ich das heute lese, frage ich: Was soll ich also zögern?
Wenn jemand eine Lösung kennt für die wichtigsten Anliegen der Menschheit – auch über deren Durchführung einigermassen Bescheid weiss -, welcher Platz soll in dieser lächerlich kurzen Lebensspanne, die uns Menschen vergönnt ist, der angemessenere sein, als der einflussreichste Platz?
Was soll angemessener sein, als dass die Lösung so schnell wie nur irgend möglich, mit allen verfügbaren Mitteln verwirklicht wird?
Und was lässt dich zögern?
Worauf sollen wir in unserem unter den Sterne so winzig kurzen Leben setzen, wenn nicht aufs Ganze?
Auf die Befreiung unseres eingezwängten, sedierten, durch zahllose Ablenkungen und Dauerstress atomisierten Lebens? Kompromisslos setzen auf den best- und grösstmöglichen Beitrag zum Weiterleben?
Wenn ich auf deine und auf meine Herkunft schaue, so sehe ich, dass das nur mit Ungehorsam geht.
Wir müssen unseren kleinmütigen Vorgaben gegenüber – der seelischen Armut, den schädlichen und tragischen Illusionen und Mythen, den kurzsichtigen, engstirnigen Lebenshaltungen – den Ungehorsam erklären!
Wir müssen mit diesen Dingen vollständig aufräumen. Alles weg kippen, was nicht taugt.
Bestell schon mal einen Container. Und dann die Müllabfuhr! Ich kenne die Adresse, hab sie selbst oft benutzt.
Das wird dich Jahre kosten, so wie es mich und viele andere Jahre gekostet hat.
Doch es beginnt jetzt. Mit unserer Entscheidung für das Leben, das in uns steckt, aber eben auch feststeckt.
Mit dem Entschluss, auf diese eine Karte: dieses lächerlich kurze Leben, in dem es um alles oder nichts geht, zu setzen.
Und ab dem ersten Moment geht es dann vorwärts.
Die Entscheidung für das voll entwickelte, gelebte und ausgekostete Leben, dass wir doch noch gar nicht – oder besser: nicht mehr – kennen, aber immer noch erahnen und stets von neuem erträumen, wann immer wir jemandem begegnen, der oder die davon genascht hat: Diese Entscheidung ist bereits Rebellion.
Sie bedeutet
- Ungehorsam der lähmenden männlichen Matrix gegenüber, die alles ins Korsett des Irrealen zu zwängen trachtet.
- Ungehorsam gegenüber der Biederkeit, der alles Leben austrocknenden Rechtschaffenheit.
- Ungehorsam gegenüber der Belanglosigkeit ohne Bindung; ohne Verpflichtung, ohne Werte, ohne Ethik: ohne Orientierung und Beitrag.
Wer soll uns helfen, diese Entscheidung auf die kluge Weise zu fällen?
Denn es funktioniert nur, wenn wir es genau richtig machen!
Wer soll dir helfen, deine Entscheidung durchzutragen und schliesslich zum Gelingen zu bringen?
Ich weiss es nicht.
- Ich weiss, dass praktisch alle Männer sich in der gut verdrängten Tiefe unwert fühlen und daher zutiefst und grauenhaft (wörtlich gemeint!) unsicher sind. Oft genug hin und her gerissen zwischen Schlappschwanz und gewalttätig-machtbesessen.
- Ich weiss, dass praktisch jede Frau in ihrer weniger gut verdrängten Tiefe ihrer Stärke misstraut.
Wir brauchen uns nichts vorzumachen. Die übliche Show der Männer und Frauen ist verheerend. Sie hat katastrophale Folgen für das wirkliche Wohlergehen unserer Gattung.
Ich setze auf das, was in unserer Tiefe ruht.
Wir treffen dort zuerst auf das Empfinden, unwert zu sein. Aber, wie unerträglich uns das, was wir dort antreffen, auch vorkommen mag, wie vernichtend für unsere hart errungene gesellschaftliche Stellung das erscheinen mag: Dort liegt unsere grosse Kraft vergraben. Darauf baue ich.
Und damit müssen wir es machen.
Aber, wer dort hin schaut, wer sich mit sich selbst konfrontiert, erkennt rasch, wie schwierig Gelingen sein wird.
Facing truth heisst zuerst mal facing hell.
Doch, Gelingen baut nur auf diesen Schatten, der uns praktsich allen gemein ist.
Also bleibt uns mE gar nichts anderes übrig. Lieber nüchtern die reellen Chancen einschätzen, als sie zum vornherein und blind zu vernichten.
Und ganz nebenbei:
Der Wahrheit ins Auge zu schauen – kompromisslos, mit aller Konsequenz und Kraft! – bewirkt ein Wunder: Aus unserer schlechtesten Version: „Ich bin unwert; ich hasse mich, ich bin allein“, wird pure Energie, wird Leben, wird Bei-sich-Sein, wird Ruhe, wird Kraft, wird Unbeugsamkeit.
Das ist also die gute Nachricht: Jeder echte Schritt Richtung wirklich Leben macht einen bedeutenden Unterschied. Er wird als beglückend empfunden. Wer sich konsequent darauf einlässt, wird dieses als absolut empfundene Glück dann hundert Mal erfahren – nur um jeweils zu erkennen, dass jede dieser einzigartigen Erfahrungen stets bloss Teil ist.
Erst wenn die Bewegung ruhig wird und das Glück anhält, nähern wir uns dem Ziel. Es ist kein mythisches, grosses, unfassbares. Es ist konkret, verlässlich, überprüfbar. Aber es ist auch ein Versprechen: Wir haben nicht nur Quellen der ursprünglichen Kraft geöffnet, wir haben nebenbei dieses Nagende, Zehrende, Treibende verloren: Dieses vorher durch nichts zu belehrende Empfinden, grundlegend nicht in Ordnung zu sein, stets bedroht, deswegen ausgestossen zu werden.
Unsere Grenzen sind dann offen. Das Leben fliesst hinaus und herein. Wir sind reich und bereichern andere.
Dann allerdings wird unser ganzes Leben längst ein Beitrag sein (sonst verpassen wir es ein zweites Mal).
Ich sage es mit aller Deutlichkeit: Nichts anderes macht in unserem Leben Sinn, als unser ganzes Leben zu einem Beitrag zu machen.
Kein Ehrgeiz, kein Festhalten, kein Kleinmut, keine Geheimnisse und keine Konkurrenz bewirken auch nur im geringsten Sinn.
Und die einzige, vollständig legitime Basis für uns als wunderbaren persönlichen Beitrag ist unser eigenes befreites und voll entwickeltes Leben.
Das ist nicht nur Erlaubnis – das ist Verpflichtung!
Denn:
Nichts ist wirklich wichtig, als dass das Leben unserer Gattung weitergeht.
Um das zu ermöglichen, sollte wohl auch das Leben auf unserem Planeten weitergehen.
Damit das langfristig gelingt, muss das Leben: dein Leben, das Leben der Menschen, das Leben auf diesem Planeten möglichst gut und vollständig funktionieren.
Aber unter den Sternen ist selbst das unbedeutend.
Wir haben also in Wahrheit nichts zu verlieren.
Und angesichts dessen verliert all das übliche Kleinmütige seine Kraft.
Du erkennst die Wahl: Alles oder nichts!
Das ist dein Risiko. Und das ist somit auch das Risiko, das deine Mitmenschen mit dir haben.
Wer verbunden ist, respektiert in aller menschlichen Freiheit die Pflicht, ganz zu leben. Wie sie jedes andere Lebewesen, jedes Tier, jede Pflanze selbstverständlich und fraglos wahrnimmt.
Wenn leben, dann ganz – kompromisslos!
Die Natur macht keine Kompromisse.
Wir Menschen brauchen demgemäss auch keine Kompromisse.
Kompromisse schwächen uns.
Wir brauchen Lösungen – die Offenheit für die jeweils richtige Lösung.
Fröhliche Ostern!
2BD