Schlafforschung: eine Auseinandersetzung – und der Vorschlag für eine neue Wissenschaft
Es gibt zwei Arten von Schlafforschern:
- Jene, die eine Unmenge über Schlaf wissen, ohne zu verstehen, worum es da eigentlich geht – bei allem Respekt also so etwas wie Fachidioten.
- Und jene, die verstehen, dass Schlaf bloss Teil der übergeordneten Regeneration ist und sich daher auch für die andern Formen der Regeneration interessieren.
Leider sind bis heute Letztere eine kleine Minderheit, wie unsere regelmässigen Nachfragen zeigen.
Diese wenigen haben die Forschungen über ultradiane Zyklen (also kurzzeitige Rhythmen und nicht bloss zirkadiane wie Schlaf-Wach-Rhythmus – siehe auch!) zur Kenntnis genommen, insbesondere die Forschungen über den Ruhe-Aktivitäts-Zyklus. Sie haben erkannt, dass Schlaf nicht die ganze Regeneration machen muss. Diese Forscher untersuchen zusätzlich zum Schlaf was es braucht, um die Regeneration – das heisst, den Ersatz verbrauchter Energie – auch tagsüber zu gewährleisten.
Insgesamt aber ist bei der einschlägigen Wissenschaft noch wenig Interesse für die Alltagsregeneration auszumachen. Deren Vertreter scheinen nach wie vor mit einseitiger (Schlaf-)Forschung ausgelastet zu sein; womit eine wirksame Lösung für die galoppierende Erschöpfung unserer gesamten Gesellschaft verpasst wird. Denn der Schlaf ist mE längst genug erforscht. Man kann dort suchen wie man will, man wird nicht finden, was anderswo vergraben liegt. Da es aber die Schlafforschung ist, die etabliert ist, fliessen, ungeachtet wirklich nützlicher ergebnisse, die Gelder dorthin, statt in die viel weiter gefasste und tatsächlich aktuelle Regenerationsforschung bzw in das gesamthafte Management der menschlichen Energie.
Das hat zur Folge, dass auch die Medien kaum Informationen darüber besitzen. Was wiederum dazu beiträgt, dass die Investition in die Kurzregeneration tagsüber nur schleppend anläuft. Die Medien wenden sich zwar an uns von R&A, dem Zentrum für Erholungskompetenz, wenn sie praktische Kompetenz benötigen. Wollen sie aber die Stimme der Wissenschaft einholen, so kennen sie meist (und fast zwangsläufig) nur die Adresse eines Schlafforschers – und erhalten dort natürlich keine kompetente Auskunft. Im Gegenteil: Selbst die fortschrittlichsten Schlafforscher weiten ihren Blick in der Regel höchstens bis zum einigermassen – aber mE zu Unrecht! – populär gewordenen Powernapping aus (siehe dazu meinen kürzlichen Beitrag!) – das heisst bis zum Kurzschlaf am Tag.
Nebenbei bin ich allgemein enttäuscht über die Schlafforschung. Dort wird seit Jahrzehnten ein ungeheurer Aufwand betrieben. Als weitgehend empirische Wissenschaft hat die Schlafforschung jedoch aus der Untersuchung von schlafmässig bereits chronisch unterernährten Menschen, die bei uns seit Langem den Normalfall bilden und ergo kurzum zur biologischen Norm erklärt wurden(!), eine Menge Unsinn abgeleitet.
Das Ergebnis: viel, viel Wissen, kaum Verstehen.
Der praktische Nutzen folglich: gering!
Unter dem Strich hat die Schlafforschung doch eigentlich noch kaum etwas herausgefunden, was uns allen wirklich nützen würde. Das einzige für eine breite Schicht – ja, diesmal für alle erwachsenen Menschen – anwendbare Ergebnis, das mir von der Schlafforschung zu Ohren gekommen ist, kam erst vor ein paar Monaten unter die Leute: 8-10 Stunden Schlaf benötigen wir pro Tag. Dass diese Nachricht überhaupt von den Medien verbreitet wurde, war ein freudiges Ereignis.
Allerdings genügte mir für diese Erkenntnis ein simples Rechenspiel, das ich vor rund 20 Jahren durchführte (s.u.).
Leider muss man aber sagen, gibt es tatsächlich einen grossen Nutzniesser einer ineffizienten Schlafforschung: Die Pharmaindustrie, die wohl einen guten Teil davon finanziert. Medikamente können die Pharmafirmen nämlich nur verkaufen, wenn der Schlaf nicht funktioniert. Da kommt eine einfache Formel zur Anwendung:
Je weniger unser Schlaf funktioniert und je durchschlagender dieses Scheitern vor einer nun wirklich einfachen Anforderung der Natur, eben: SCHLAFEN ist, desto mehr Medikamente können abgesetzt werden.
Dem setz ich mal eine andere einfache Formel entgegen:
Wer müde ist und gelöst, der hat einen traumhaften Schlaf. Und erwacht ausgeruht, frisch und lebenslustig.
Die Störungen haben nach meiner Ansicht zu weit über 90% nichts mit dem Schlaf selbst zu tun. Also ist das auch der falsche Ort, um zu suchen. Wenn die Schlafforschung Störungen nicht einfach aus Forscherdrang untersucht, sondern mit dem Scheinargument, Lösungen zu finden, so ist das mE dasselbe, wie der gute Mann, der nachts vor dem Bahnhof seine Uhr sucht, die er hinter dem Bahnhof verloren hat. „Wieso suchst du denn nicht hinter dem Bahnhof?“ fragt ihn der Polizist auf Streife. «Weil es vor dem Bahnhof Licht hat.»
Und wenn ich schon dabei bin. Und ohnehin das obige Versprechen einlösen muss. Da gibt es eine weitere einfache Formel, die sich mir ebenfalls aus einer simplen Rechnung zwingend erschlossen hat:
Die eine Hälfte des Tages gehört der Aktivität, die andere der Ruhe.
Wenn ich oben sagte, dass es bis heute nur wenige Schlafforscher gibt, die ihren Horizont auf den ultradianen Ruhe-Aktivitäts-Zyklus ausdehnen, so muss ich leider sagen, dass noch kein einziger mir bekannter Schlafforscher – und leider auch keine Schlafforscherin, obwohl doch Frauen offener für fachübergreifende Themen sein sollen! – erkannt hätte, dass die alltägliche Regeneration nicht bloss aus einer (Schlaf), auch nicht aus zwei (+ Ruhepukte), sondern aus DREI Säulen besteht!
Neben Schlafen und Ruhen ist nämlich das SICH-TREIBEN-LASSEN genauso wichtig für ein langfristig gesundes und erfolgreiches Leben wie die beiden andern Säulen.
(Mehr Informationen dazu im Online-Magazin „Werkplatz 2BD“!).
So stehen wir also vor der Alternative:
- Entweder weitet die Schlafforschung ihr Gebiet endlich auf die Regeneration tagsüber aus.
- Oder – was ich deutlich bevorzugen würde: Wir schaffen ein neues Forschungsgebiet: REGENERATIONS-FORSCHUNG – von dem dann die Schlafforschung ein Zweig ist – und nutzen die günstige Gelegenheit, damit gleich lebensintelligent zu beginnen. Was heisst, statt bloss Wissen anzuhäufen und immense Kosten bei eher geringem Nutzen zu verschlingen: die mittels endloser Untersuchungen erarbeitete Wissensmenge wesentlich zu komprimieren, indem das Wissen mit Verstehen gekoppelt wird.