Couchepins Demontage – und: Blogtipp ‚Blocher‘
Wir Schweizer können es uns offenbar einfach nicht vorstellen, wie sich Manipulatoren gebärden, wenn die politischen Verhältnisse es ihnen noch nicht erlauben, voll vom Leder zu ziehen. Dabei machte es Ueli Maurer am Wahlsonntag doch perfekt vor: Als Ständerat noch nicht gewählt, verhielt er sich plötzlich ganz zahm, machte auf sympathisch, um seine Wählbarkeit intakt zu halten. Gestern noch klang er ganz anders. Warten wir ab, bis er (hoffentlich nicht!) gewählt ist. Seine Sprache wird sich schlagartig ändern und wieder den Ton annehmen, den sie zB am Wahlsonntag 2003 hatte.
Ach sind wir naiv!
Ich habe viele interessante Erfahrungen mit Manipulatoren gemacht. Man kann ihnen manches sagen, aber stets, wenn ich ihnen auf den Kopf zu sage: „Du manipulierst,“ – das heisst, wenn ich ihr Spiel aufdecke, dann werden sie regelmässig stinksauer und rabiat.
Manipulatoren (wie Blocher oder Mauer) vertragen manches, nur nicht die Wahrheit.
Aber Manipulatoren haben kaum je ein Problem; sie kriegen die Macht regelmässig. Menschen lassen sich so gern manipulieren! Dagegen ist kein Gras gewachsen. Wir denken doch tatsächlich, ein Blocher, Maurer, Mörgeli usw seien so moderat, wie sie sich heute noch gebärden. Warten wirs ab… nein, hoffentlich brauchen wir das niemals abzuwarten: bis die Machtverhältnisse solchen Leuten erlauben, ihr echtes Ego hervorzukehren.
BR Couchepins (FDP) kürzlicher Vergleich von Blocher und Meistermanipulator Mussolini ist so ein Wahrheits-Coming-Out. Prompt kam der Aufschrei. Nun stimmt sogar seine eigenen Partei in die Klage mit ein (s.u.). Dabei ist der Vergleich langweilig. Es ist einfach dasselbe. Vielleicht hätte Couchepin besser den Vergleich zu Hitler gezogen. Dann hätte man zwar einen echten Grund gehabt aufzuschreien und zu sagen: Das sind nun wirklich andere Kaliber. Aber, weil es nicht die Wahrheit ist, wäre es vielleicht durchgegangen.
Die FDP hingegen lässt sich öffentlich durch einen ihrer Oberopportunisten – Otto’s Warenposten Ineichen – vertreten und will um jeden Preis beweisen, dass sie tatsächlich jegliches Profil aufgegeben hat und nur noch nutzlose Verzweiflungstaten kennt. Sie springt nun auch auf das Opferzüglein der SVP auf und desavouiert ihren eigenen Kollegen – notabene bald der einzige, der in jenem zwielichtigen gewordenen Gremium Schweizerischer Bundesrat noch etwas Profil hat und sich gegenüber Blochers Machtmanipulationen als resistent erweist. Nicht, dass mir Couchepins Profil gefallen würde. Aber lieber das, als zB Leuenbergers desinteressierten Opportunismus, in ein sich selbst genügendes Gewand der sarkastischen Kultiviertheit gehüllt.
Die FDP geht offenbar davon aus, dass sie mit intensiven Kriechbewegungen in Richtung SVP ein paar Machtaktien kaufen kann. Ach, liebe FDP! Hatten wir doch alles schon mal in der nördlichen Nachbarschaft! Gebt der Rechten noch mehr Macht, haltet deren Steigbügel ihr Knappen, spielt deren Spiel und ihr schafft die oben erwähnten Verhältnisse schneller als ihr denkt.
Sie erkennen, werte LeserInnen: In der Schweiz geht es in der Politik zur Zeit nicht mehr um die Kommunikation von echten Lösungen, sondern um schlichte Schadenbegerenzung.
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