Wissen ist Macht – ach ja?

von 2b am 7. Februar 2008

Ach, der gute alte Satz ‚Wissen ist Macht‘!Der ist mittlerweile leider so etwas von outdated.Wissen bedeutet im Zeitalter des Internets überhaupt nichts mehr. Alles was wir wissen können, kann im Internet per sofort milliardenfach gedoppelt werden. Und das schneller, als wir unser eigenes Wissen gewinnbringend einsetzen können.Mit Wissen können wir keinen Vorsprung mehr herausholen. Jedermann kann sich das Fehlende sofort auch aneignen. Damit verliert sich mögliche Macht durch Wissen.Das heisst,

egal wie viel wir wissen: Damit kann man keinen Staat mehr machen.

Schon deshalb nicht, weil wir dieses Wissen ja einfach aus dem Internet herauskopiert haben könnten. Auswendig gelernt, statt erarbeitet.Etwas ganz anderes hingegen vermag das Internet kaum und wird immer mehr zur seltenen Perle: VERSTEHEN.Wissen ist das additive Aneinanderreihen von Fakten, im besten Fall linear kombiniert, hierarchisiert, geordnet.Verstehen hingegen ist das drei- und mehrdimensionale Durchdringen von Fakten, dessen wiederum mehrdimensionales Einordnen in ein jeweils Ganzes, sowie das Erkennen von dessen Verbindung zum Wesen des jeweiligen Faktums.Volkstümlich ausgedrückt:

VERSTEHEN heisst zu erkennen, worum es eigentlich geht.

Im Gegensatz zum Wissen verliert sich das Verstehen zusehends. Die beiden Entwicklungen verlaufen exakt in die entgegengesetzte Richtung.Aus der Wissenschaft zum Beispiel hat sich das Verstehen schon seit geraumer Zeit verabschiedet. Keine Zeit für solche Kinkerlitzchen.Ein gewichtiger Grund – ohne Zweifel der wichtigste! – für das Verschwinden der Fähigkeit zu verstehen ist nämlich der: ZEIT!Um zu verstehen muss man zwingend reichlich Phasen des Ruhens, des Nichtstuns, des Sich-Treiben-Lassens im Alltag haben.Auch bei allen Künstlern, Genies usw die in eine sogen. Schaffenskrise kommen, war und ist es stets dasselbe: Sie haben Erfolg und lassen ihre Zeit davon auffressen. Sie werden desengagiert (Motivation braucht frische Kraft!), müde, belanglos und, um den Stress zu kompensieren und überhaupt zu ertragen: drogenabhängig. Man nennt das dann ‚erfolgsverwöhnt‘.Konsequenz ist: Das Genie bleibt aus, die Kraft verliert sich, das Werk wird oberflächlich – zweidimensional eben.LED Zeppelin ist eines von tausend Beispielen. Zwei geniale Alben, dann fast nur noch Schrott. Jean Tinguely ebenfalls, wenn auch weniger krass.Anders hingegen (im Endeffekt) die Beatles, die sich konsequent zurückzogen. Ebenfalls Picasso.

Wer eine Chance haben will, selber zu verstehen – ja, sogar Verstehen zu verstehen! – benötigt viel Zeit des blossen Ruhens, in der sich die Dimensionen entwickeln können, Kontakt und Verbindungen entstehen: Alles Bedingungen für Verstehen.

Oder haben Sie es noch nicht bemerkt?Ihr Leben ist im Dauerstress automatisch und unvermeidlich zweidimensional geworden. Es ist fast nur noch ein linearer Ablauf von Ereignissen. Die blosse Addition von Fakten. Letztlich ein Leben aus Abfolgen von null und eins – digital eben.

Das Leben ist de facto zum Computerspiel geworden: Spannend, farbig, aufregend actionreich – aber halt eben: unecht.

DA HILFT NICHTS AUSSER ZEIT – LEERE ZEIT

Aber die finden Sie nicht, gell? Und werden Sie nicht mehr finden. Verloren eben. Vorbei das Leben. Das echte Leben.

2 Kommentare »

  1. […] bilde ich mir bloss ein!? Wer hat schon noch die Zeit, meine Artikel fertig zu lesen. Daher das Ganze vom 7.2.08 in drei […]

    Bernhard Braendli-Dietwyler » Das Leben ist bloss noch ein Computerspiel am 10. Februar 2008 um 13:01 Uhr

  2. […] hier – ach, ich tumber Tor! – Teil 3 des Artikels vom 7.2.08: Was mit dem VERSTEHEN passiert […]

    Bernhard Braendli-Dietwyler » Vom Wissen ist gar viel; vom Verstehen hingegen wenig am 11. Februar 2008 um 14:22 Uhr

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