Geschichte Live – So entstand einmal eine Nazipartei

von 2b am 13. April 2008

Nun geniessen endlich auch wir Schweizer das Privileg, durch landesinternen Anschauungsunterricht zu erleben, wie ein Naziregime entsteht. Das zweifelhafte Privileg, zugegeben.

Ein bisschen kindlich neigen wir doch dazu, uns vorzustellen: Die waren schon immer so!
Der Star war immer schon ein Star; der Politiker immer schon eine Windfahne; das tolle Programm immer schon toll. Und eben der Nazi – und die Nazifrau! – immer schon ein Nazi.
Dabei beginnen fast alle an einem ganz andern Ort, und die komplexe, in vielem unvorhersehbare Entwicklung macht das was einmal ganz anders war zu dem was es jetzt ist.
Kurz: Aus dem einen ergibt sich das andere; jeweils Schritt für Schritt.

Das heisst: Wenn wir die gegenwärtige SVP weiter ungestraft ihre stets primitiveren Erfolge feiern lassen, ist sie unversehens eine Nazipartei. Sie machen einen Schritt, und bleibt der ungeahndet, machen sie den nächsten. Sie wissen nicht, was das Nächste sein wird. Aber mit jedem Schritt ohne Widerstand werden sie übermütiger und kehren die Seiten hervor und bringen sie ins Handeln, die bis anhin nur in ihrer eigenen schlechtesten Version sowie in der Phantasie einiger weniger ihrer Führer bestanden hatten.
Auch im rechten Lager gibt es nur wenige Visionäre. Glücklicherweise. Hitler war ein solcher Visionär. Er wusste, wo er hinwollte. Aber fast alle Nazis waren die berüchtigten braven Familienväter, bevor sie zu Scheusalen mutierten – und zwar mir nichts dir nichts (was einmal mehr auf die kollossale Gefährlichkeit der Biederkeit verweist. Und ausgerechnet davon gibt es in der heutigen Schweiz mehr als genug!).
Ich bin mir sicher, manche wachen Köpfe kennen eine ganze Reihe der ‚Nämeli‘, die bereits hinten feinsäuberlich auf die Abzeichen für Gruppenführer, Scharführer und Obersturmbannerführer aufgestickt sind. Vielleicht ohne, dass die es selber bereits wüssten.

Wir verfolgen also gerade den typischen Weg von einer noch einigermassen harmlos durch und durch lebensfeindlichen Rechtspartei zu einer faschistischen, gewaltverherrlichenden Lebens-Killerin.

Natürlich wird das irgendwann an Grenzen stossen. Die Italiener würden mitmachen (mit der Mafia und (wieder neu) dem Vatikan als Hauptsponsoren)). Und ein ansehnlicher Teil der Deutschen auch (wieder). Und ähnliches gilt für jedes Land. Leider. Doch insgesamt kann man das nicht mehr einfach so durchführen. Dafür wissen wir einfach zu gut über die noch nicht ganz erkaltete Geschichte Bescheid.

Also:
Wir brauchen keine Angst zu haben. Das ist eh besser, wenn es beizeiten allenfalls gilt, sich zu wehren.
Wir können – gar etwas amüsiert – zuschauen, wie die zahlreichen, aber noch nicht zahllosen Möchtegerns paradieren – und sich dabei auch gleich selbst parodieren.

Gut ist, dass Blocher schon mal weg ist. Für einen Zweitstart ist der Sack – im Unterschied zu Adolf damals, als er aus dem Gefängnis kam – wohl einfach zu alt. Und einfach zu wenig gut im Nehmen. Blochers kalte Abwahl wird sich noch als historisch-glückliches Ereignis in der Geschichte der neueren Schweiz erweisen (für einmal danke an die besonnenen und ganz und gar untypisch entschiedenen VertreterInnen der CVP!). Wie schwer sich die plötzlich vaterlosen Kindsköpfe der SVP mit der Abwahl tun, ist ein Indiz dafür.

Nein: Diesmal gibt es genug besonnene Menschen.
Wenn auch ihre Zahl rasch abzunehmen scheint. Aber vielleicht auch nur scheint. Denn, noch ist die rechtsradikale Euphorie noch nicht ausgebrochen. Und die braucht es für radikale Grenzüberschreitungen. Bis anhin ist es noch dummer Übermut. Nicht ganz ungefährlich. Aber auch nicht wirklich gefährlich für die Gesellschaft.

Fazit: Gute Aussichten gibt es beileibe nicht zu verkünden, angesichts der umfassenden Verbreitung des UV21 in sämtlichen gesellschaftlichen Schichten. Aber auch (noch) keine katastrophalen.
Noch hat hier jede und jeder eine Chance auf ein wirklich tolles Leben (grundsätzlich sogar Mitglieder der SVP – aber die müssen sich dafür gewaltig den Arsch aufreissen!). Aber natürlich nur dann, wenn er oder sie diese Chance auch konsequent wahrnimmt; SVP, CDU und das ganze italienische Schmierentheater hin oder her.

2 Kommentare »

  1. […] Mentalität, wenn auch nicht deren Land, ist ja zum Vergessen!) – Entwicklung der SVP zur Nazipartei, gleich aus dem Mehrheitskuchen heraus, hat einen Aufschub erfahren. Und Gerhard Blocher als […]

    2bd Blog » SVP Schlappe und 1 Punkt für Genner, handgestrickt am 1. Juni 2008 um 20:23 Uhr

  2. […] die liebe Schweiz kaum vorstellbar. Eben auch deshalb, weil die instinktive Abwehr auch vieler Exponenten der Politik hierzulande Gehör erhält und auch von vielen WählerInnen honoriert wird. […]

    2bd Blog » SVP: Kommt bald die entscheidende Schlacht? - Teil 2 am 3. Juni 2008 um 20:29 Uhr

Hinterlasse einen Kommentar