Amstetten – 24 Jahre im Verborgenen
24 Jahre im Verborgenen getan, was viele im Verborgenen fantasieren.
Bedenken wir, dass nun Zehntausende Männer (und wohl auch einige Frauen) mit dem Ereignis ihre eigenen erotischen Fantasien verknüpfen.
Selbst die Empörung ist vielerorts durchdrungen von Faszination – ein Krimi, den man am Fernsehen sieht.
Und wieder kann man die eigene trübe Welt etwas heller scheinen lassen, weil man doch weit über solchen Menschen wie Josef Fritzl steht.
Tatsache ist, dass die männliche totale Kontrolle über den Nachwuchs in andern Kulturen auch heute noch nichts Ungewöhnliches ist. M.E. kein unterstützenswertes Vorgehen, aber Tatsache.
Auch andere Säuger verhalten sich ähnlich. Für Blutauffrischung bei Rudeln sorgen in die Sippe einbrechende Männchen, die jede Schwäche (die sich etwa durch minderwertiges Erbgut ergeben kann) ausnutzen, um das Leittier zu vertreiben und die Sippe zu übernehmen.
Es ist der Kontext, der diesen Mann mit seiner Tochter in den Keller trieb und so die Geschichte erst zum unfassbaren Grauen machte. Unsere Kultur hat den Inzest zum Tabu erhoben. Und sie hatte gute Gründe dafür. Es geht darum, Erbfehler nicht weiterzugeben, sondern zwingend mit jeder Generation für die Auffrischung des Erbguts zu sorgen.
Doch hat sich diese Massnahme längst verselbständigt. Das Tabu ist absolut geworden; sucht keine Verbindung mehr zum ursprünglichen Zweck. Ist Teil der Tragödie geworden, die sich mit der Sexualität in mannigfachen Facetten abspielt und auf jede Gelegenheit schielt, um die alten Vorurteile zu bekräftigen (siehe auch meine diversen Artikel unter der Rubrik ‚Sex gegen den Strich‘).
Unsere Kultur ist vielfältiger, als wir zumeist meinen. Regeln, die biologisch nicht abgesichert sind, bleiben brüchig. Stets foutiert sich eine kräftige Minderheit darum. Glauben Sie mir: So einhellig, wie uns das die Presse glauben machen will, ist die Empörung nicht. Das beginnt ja schon bei den Behörden in Österreich. Aber eben: Es dient dem lebensleeren Biedertum, sich wieder einmal über Wasser zu wähnen.
Seis gegönnt! Was haben die denn sonst? Da kommt jede Gelegenheit, sich besser zu wähnen, gerade recht. Sie soll den eigenen Kampf mit den Regeln stützen, die, ohne klare und kompetente ethische Instanzen, ständig drohen, gebrochen zu gehen.
Oder sind die Massenmedien etwa die neue ethische Instanz? Uff – das hätte gerade noch gefehlt. Wo sind die lebenskompetenten Journalisten? Lernen die das in ihrer Ausbildung? Ein Witz, was die sich oft anmassen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Und welche Macht wir ihnen freiwillig geben.
Wie würde ich das handhaben?
So, wie es gehandhabt wird. Ausser, dass die Medien ausgeschlossen wären.
Nichts, um sich zu begeilen. Nichts um sich selbstgerecht zu empören.