Das Samnaun-Tagebuch
Samnaun. Nebel und russischer Lifestyle.
Heute ist diesiges, zum Teil nebliges Wetter. Ich mag es, bei diesen Verhältnissen meine Kurven zu ziehen. Der Raum schrumpft und der Boden verschwindet, ist nur noch zu spüren. Erleben kann man fast nur noch sich selbst. Dazu die konzentrierte, intensive Bewegung. Das ist fast wie ein Selbsterfahrungskurs. Der Bauch ist warm und eher flau. Da tauchen schon mal unverhofft Tränen auf; dann wieder tiefe Glücksgefühle. Ich lass es geschehen und ziehe meine Linien, bleib auch mal länger stehen: Timeout. Spüre, lass die eigentümliche Stille, die Stimmung auf mich wirken. Die Sonne, die sanft durch den Nebel drückt und wärmt.
Kontrapunkt: Hole Elsbeth ab, die im «Heaven’s Door» auf mich wartet. Eine Lifestylebar mitten auf der Piste – sehr gross, sehr laut, sehr verraucht, sehr trendy. An den Wänden lauter leere Flaschen Dom Pérignon, mindestens 200. Unglaublich.
O-Ton Elsbeth: „Statt mich zu ärgern, habe ich mich entschlossen, Stilstudien von Menschen zu machen. Zum Beispiel haben sich zwei Männer mir gegenüber gesetzt, diverse Alkoholika bestellt, die hinuntergeleert und sind dann wieder gegangen. Während der ganzen Zeit haben sie kein einziges Wort gewechselt. Echt cool. Oder ein russisches Paar kurz an meinem Tisch. Sie trank eine grosse Flasche sehr dunkles Bier in einem Zug zu zwei Dritteln aus und fiel dann einfach vom Stuhl. Päng! Was trinkst du?“
Ich musste ja nicht. Also habe ich meine Frau geküsst und vorgeschlagen, dass wir ohne weitere Studien den Ort verlassen und auf Skiern ins Tal fahren..