Das Bologna Modell: bescheuert
Oder: Die Entmenschlichung des Studiums.
Nachdem unsere beiden Söhne im fortgeschrittenenen Stadium ihres Studiums sind, nehme ich mr das Recht, mich als durchaus direkt Betroffener zum Bologna System zu äussern.
Das beginnt damit, dass ich es Ausverkauf unserer eigenen Kultur schimpfe, wenn unsere Universitäten nach der Pfeife der mit Abstand kulturschwächsten Gesellschaft der Welt tanzen. Ein himmeltrauriges Zeugnis der europäischen Bildungsoberen (oder wer immer das verbrochen hat).
Das Alibi mit der dadurch einfacheren Koordination unter den Universitäten ist schnell erledigt: Es ist lächerlich. Wer dafür unbedingt dieses bescheuerte Bonussystem benötigt, disqualifiziert sich gleich selbst.
In Wahrheit sind es natürlich ganz andere Motive, die hinter diesem grauenhaften Kniefall vor dem schlechtesten Bildungssystem aller industrialisierten Staaten stecken. Natürlich durften wir von Lakaien des geldsüchtigen Teils der Wirtschaft nichts anderes erwarten. Insofern ist keine Aufregung nötig. Das Bologna System schwimmt einträchtig im Strom des akuten Verlustes aller Formen von Lebensqualität, den die postmodernen Gesellschaften betreiben, mit Ausnahme des nackten Geldes.
Ich fokussiere ja nicht zufällig auf die beiden Bereiche Energiemanagement und Lebenskompetenz. Parallel mit dem Zerfall jener beiden existenziellen Qualitäten kann es gar nicht anders kommen, als zum schleichenden Zerfall von Kultur und schliesslich von Lebensqualität. Das Leben mutiert mit jedem neuen Jahr mehr zur reinen, aber total anstrengenden Unterhaltungsshow …
Pardon: Unterhaltungsshow – da haben wir ja die Kultur! Oder doch eher die Farce?
Bin ich überhaupt nicht einverstanden, wenn die Universitäten das Modell nicht auf die Reihe kriegen und an der alten Struktur festhalten und dann dennoch das Bologna Modell anfügen, dann hast du halt ein Verwaltungsproblem. Mit dem Modell an und für sich hat das aber überhaupt nichts zu tun. Das System macht, wenn richtig angewendet, absolut Sinn. Denn so kannst du mit einem Bachelor eine Zusatzqulifikation in einem Master holen, so zB deinen Interessen genau nachgehen. Darüber hinaus ist es auch eine richtige Sache, dass man mit einem Bachelor aus der Schweiz in anderen Ländern weiterstudieren kann.
Ich seh einfach nicht den gerinsten Anlass, sich über die Bologna Reform zu beschweren, denn auch mit dem Bildungsniveau hat das nichts zu tun.
ein Student am 19. November 2009 um 23:09 UhrIch habe nicht direkt auf den Post geantwortet, da ich nicht wusste, ob du da einen etwas aufgebrachten, nicht mit Fakten unterlegten Kommentar haben wolltest 🙂
Roman am 23. November 2009 um 15:52 UhrAber ich differenziere nur die Sichtweise, die entsteht, wenn man einseitigen Berichterstattungen unterworfen ist 🙂 Ich glaube nur nicht, dass das System schuld ist an der Implementierung und ich denke, ST.Gallen hat hier tatsächlich vorbildliche Arbeit geleistet
und wie mein artikel einseitig ist! deshalb steht eine divergente antwort perfekt daneben. 🙂
2bd am 23. November 2009 um 15:53 Uhrich sehe das auch eher als gesellschaftspolitische entwicklung zur entmenschlichung – stw: „uns bleibt bald keine zeit mehr, um bei all dem tun auch noch (mensch) zu sein“ – von der das bolognamodell bloss ein ausdruck ist – viell. sogar zu unrecht als sündenbock herhaltend.
[…] Aus der Sicht des reiferen Erwachsenen wirkt der ganze Aufstand der Schweizer Studenten gegen das Bolgonamodell ziemlich unausgereift, vage. Aber nun frage ich mich natürlich, ob unser Aufstand damals auf […]
2bd Blog | Bernhard Brändli-Dietwyler » Hm, die Studentenrevolte am 24. November 2009 um 10:52 Uhr[…] hätte ich nicht mit einer entsprechenden Schlagzeile gerechnet. Ein Tag, nachdem ich den Artikel «Erschöpfung verboten» publiziert habe, erschien in der Sonntagszeitung (und vielerorts) die Schlagzeile, dass BR Ueli […]
2bd Blog | Bernhard Brändli-Dietwyler » Ueli Maurer, das erste Opfer am 24. November 2009 um 11:27 Uhr