Abhängig?
(Vorabdruck eines Artikels für den Juni-Newsletter Werkplatz 2BD)
Im Root-Mind Center gelten folgende Devisen:
– Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Lehrenden und Lernenden bzw zwischen Helfern und Hilfe suchenden sind ein Mythos, der ein solches Abhängigkeitsverhältnis eben gerade institutionalisiert und tendenziell festigt.
– Jeder Mensch, der nicht 100% erwachsen geworden ist – das sind auch fast 100%; und das ist zwar üblich, aber keineswegs „normal“! – hat sich verschiedene Abhängigkeiten bewahrt, die er zB in einer Beziehung, wo er als Bedürftiger auftritt, manifestiert.
– Genau dieselbe These bezüglich erwachsen sein gilt dann auch für die Personen auf dem andern Stuhl: die Helfer und Helferinnen, die Lehrer und Lehrerinnen. Das heisst, wir sind ebenfalls mehr oder weniger Abhängige geblieben. Und diese innere Verfassung ist die eigentliche Bedrohung für einen Prozess, der zügig zur Unabhängigkeit führen soll. Das gilt insbesondere, wenn diese eigene innere Verfassung geleugnet und allein dem Klienten oder Lernenden zugeschoben wird, und die Lehrperson sich nur den Auftrag gibt, diese Abhängigkeit des Gegenübers „verantwortlich“ zu handhaben (immerhin!). Der Fehler aber ist bereits das Definieren eines Abhängigkeitsverhältnisses. Was dann auf direktem Weg zur Rechtfertigung desselben führt.
– Wenn die Lehrpersonen ganz unabhängige Wesen sind – oder zumindest ihre verbleibenden Abhängigkeiten (oh, da gibt es zahlreiche Möglichkeiten, zB sämtliche Ängste oder sämtliche Bedürfnisse betreffend die Lernenden!) laufend kritisch hinterfragen, werden die vielfältigen Abhängigkeiten der Lernenden deutlich als solche sichtbar; sie haben mit der Beziehung zur Lehrperson-an-sich überhaupt nichts zu tun und können so entsprechend einfach konfrontiert und bearbeitet werden.
Am RMC gilt:
1. Jede Begegnung zwischen Lehrenden und Lernenden – jede! – muss ein weiterer Schritt zur Unabhängigkeit sein.
2. Unabhängigkeit ist möglichst rasch anzustreben.
3. Jedes Projekt zweite Lebensschule muss sich am Erreichen vollkommener Unabhängigkeit orientieren. (Was gleichbedeutend ist mit „ganz erwachsen geworden“ – was doch als normaler Anspruch durchgeht, nicht wahr?).